Clever konzipierter Koloss:
Vollelektrifiziertes 90-
Tonnen-Bohrgerät
Der niederländische Hersteller Dieseko wagt sich in Zusammenarbeit mit Webasto und seinem Partner Danfoss Editron an die Elektrifizierung eines riesigen Woltman-Bohrgeräts. Die Tiefbaumaschine wiegt 90 Tonnen und kann Pfähle von bis zu 36 Metern Länge durch Bohren oder Rammen in den Boden rammen.
Solche Maschinen werden auf Großbaustellen auf der ganzen Welt benötigt: Riesenbohrer, die Pfähle in den Boden rammen oder große Löcher bohren, die dann vor Ort mit Beton gefüllt werden, um unter anderem Brücken oder große Gebäude als sicheres Fundament zu schaffen. Seit 35 Jahren gibt es Woltman-Bohrgeräte, seit 2015 gehört die Marke zum Großmaschinenspezialisten Dieseko mit Hauptsitz in Sliedrecht bei Rotterdam.
Bisher sind diese Bohrkolosse dieselgetrieben – sowohl für die Mobilität auf der Baustelle als auch für den Antrieb der verschiedenen Arbeitsgeräte der Maschinen. Doch der Wunsch, Baumaschinen zu elektrifizieren, macht auch vor diesen Schwergewichten nicht halt. Einige Länder, wie die USA (Kalifornien), Norwegen und die Niederlande, fordern emissionsfreie Baustellen bereits 2025 oder 2030. Ein besonderes Problem auf Baustellen ist der Stickstoffausstoß, aber natürlich muss auch der Kohlendioxidausstoß so schnell und umfassend wie möglich reduziert werden.
Elektrische Baumaschinen zahlen sich aus
Die niederländische Regierung bezuschusst die Anschaffung von elektrischen Baumaschinen mit attraktiven Zuschüssen von bis zu 40 Prozent der Preisdifferenz zu einer neuen dieselbetriebenen Maschine. Die elektrischen Versionen mögen in der Anschaffung teurer sein, aber wenn man ihre Kosten über die gesamte Lebensdauer betrachtet, liefern sie tatsächlich ein attraktives finanzielles Angebot. "Auf der einen Seite wird Diesel noch teurer, auf der anderen Seite gibt es bestimmte Ausschreibungen, die man heute nur gewinnen kann, wenn man Geräte einsetzt, die vor Ort emissionsfrei sind", erklärt Dirk Smulders, CEO von Dieseko.
Ein weiterer Vorteil des Elektroantriebs ist, dass der Motor nur dann Energie verbraucht, wenn er in Betrieb ist. Dieselmotoren arbeiten praktisch den ganzen Tag, auch wenn sie nur im "Standby"-Modus laufen. Woltmans Bestseller in der 90-Tonnen-Gewichtsklasse ist das erste Tiefbohrgerät, das Dieseko in Zusammenarbeit mit dem niederländischen Maschinenbauer VSE und Webasto elektrifiziert hat, und das in nur zwölf Monaten. "Wir haben vor fünf Jahren zum ersten Mal über eine Elektrifizierung nachgedacht, aber es hat eine Weile gedauert, bis wir alle Details berücksichtigt und die richtigen Partner gefunden haben", reflektiert Smulders. Das Hauptaugenmerk der Entwicklungsingenieure von Dieseko lag dabei nicht nur auf der Reduzierung von Emissionen, sondern auch auf der Reduzierung von Lärm, Vibrationen und Energieverbrauch. "Wir wollen Technologieführer bleiben, deshalb denken wir über den Tellerrand hinaus, um die beste Qualität zu erreichen", sagt Smulders. Das erste 90-Tonnen-Elektrobohrgerät wird an ein großes, renommiertes und nachhaltig engagiertes Bauunternehmen in den Niederlanden geliefert.
Hohe Qualität bei der Partnerwahl
Dieseko hat hohe Maßstäbe an die ausgewählten Lieferanten von Elektrifizierungsprojekten gestellt. Die Elektromotoren stammen von Danfoss Editron, die Batterielösung von Webasto.
"Webasto hat uns als Partner überzeugt . Zum einen, weil die Batteriepacks sehr sicher und extrem robust sind – das ist besonders wichtig, weil unsere Bohrgeräte immer Vibrationen erzeugen – und zum anderen, weil das Thermomanagement für die Batterien und die Kabine sehr clever umgesetzt wurde", erklärt Smulders.
"Unsere Maschinen und ihre Bediener müssen sicher und zuverlässig auf Baustellen arbeiten können, deshalb haben wir auch an unsere Partner hohe Qualitätsstandards gestellt." Für Webasto ist dies das Projekt mit den bisher meisten Batteriepacks in einem Fahrzeug oder einer Maschine.
Die Idee: Die Akkupacks in zwei Teile teilen
Im Woltman 90DRe kommen 36 Standard-Akkupacks von Webasto zum Einsatz, von denen sechs getrennt von den anderen fest in der Maschine verbaut sind und einen kleinen Antriebsmotor mit Strom versorgen, der es der Maschine ermöglicht, kurze Strecken auf der Baustelle zurückzulegen.
Für diesen energieeffizienten Aufbau ist ein Patent angemeldet. Die anderen 30 Packs bieten die immense Leistungskapazität, die zum Bohren oder Rammen von Pfählen benötigt wird. Ein cleveres Feature ist, dass diese Akkupacks entnommen und separat transportiert werden können. Dies erleichtert den Transport der Maschine von einer Baustelle zur nächsten und ermöglicht es, entladene Batterien durch geladene zu ersetzen.
Darüber hinaus bilden sie mit ihrem Gewicht von fast 15 Tonnen das nötige Gegengewicht für die Bohranlage . "Die Zusammenarbeit mit VSE und Webasto bei der Entwicklung der Schnittstellen zwischen der Maschine, dem Danfoss-Antriebsstrang und der Stromversorgung aus den Batterien verlief reibungslos. Es war ein wahres Vergnügen", sagt Smulders.
Durchdachtes Batteriekonzept
Die Anzahl der Akkupacks ist so ausgelegt, dass sie ausreichend Strom für einen durchschnittlichen Arbeitstag auf der Baustelle liefern, also etwa acht bis zehn Stunden. Sie können dann über Nacht mit bis zu 90 Kilowatt pro Stunde geladen werden. Ihr Energieinhalt beträgt jeweils 35 Kilowattstunden – insgesamt liefern die Batterien also bei voller Ladung 1,2 Megawattstunden Leistungskapazität. "Unsere Maschinen sind oft die ersten, die auf einer Baustelle eintreffen, um mit der Arbeit zu beginnen. Die Herausforderung bei dieser Maschine besteht darin, ausreichend Netzstrom am Standort zur Verfügung zu haben, um die Ladefähigkeit über Nacht zu gewährleisten. Derzeit ist dies nicht auf jeder Baustelle verfügbar, aber mit der Einführung dieser Art von elektrischen Maschinen erwarten wir, dass die Netzstromverfügbarkeit erhöht wird", erklärt Smulders.
Die Batterien von Webasto sind extrem robust (vibrations- und schockgetestet bis 100 Kilonewton) und durch eine zusätzliche Box gut geschützt. Darüber hinaus können sie innerhalb des Systems gekühlt werden, was ihre Leistung auch in heißen Umgebungen und unter Dauerbelastung garantiert. Gesteuert werden die Batterien über ein zentrales Batteriemanagementsystem in Form sogenannter Vehicle Interface Boxen (VIBs). Die VIBs von Webasto dienen auch als Kommunikationsschnittstelle zwischen Batteriesystem und Fahrzeug.
Damit die Batterien immer in ihrem optimalen Betriebstemperaturbereich zwischen 15 und 35 Grad Celsius bleiben, hat sich Dieseko zudem für das Thermomanagementsystem Plug & Play von Webasto entschieden. Das sorgt für bestmögliche Energieeinsparung im Alltag und eine lange Lebensdauer des Akkupacks. Das System bietet auch Heizung und Klimatisierung für die Fahrerkabine und bietet so eine einzige Lösung für alle thermischen Aufgaben.
Und hört die Elektrifizierung der Woltman-Maschinen hier auf? Laut Smulders: Nein; Die Pläne für weitere Maschinen liegen bereits auf dem Reißbrett und basieren auf den Wünschen wichtiger Kunden. "Dafür möchten wir die gemeinsam erworbene Expertise weiter ausbauen", sagt Smulders.